Die 4-Tage-Woche

Seit etwa 7 Jahren arbeite ich in einer 32-Stunden-Woche und bekomme dennoch weiterhin von Leuten zu hören, dass es entweder nichts für ihre Firma ist, oder dass man nur mit 40 Stunden produktiv sein kann. Zeit für einen Rückblick und ein paar Argumenten für eine gute Work-Life-Balance.

Ich muss mit einer Beichte anfangen. Eigentlich ist es sogar eine Erkenntnis, dass ich damals, während meiner Studentenzeit als Freelancer, keine schlauen Verträge abgeschlossen habe. Ich habe nämlich nur nach Arbeitsstunden abgerechnet.
Damals ist mir eines ziemlich schnell aufgefallen: Ich bin gar nicht 8 Stunden am Stück produktiv. Wie kann das denn sein?

Je mehr Analysetools und Timetracking in unsere heutige Arbeitswelt, mit einem klassischen 8-Stunden-Tag, hineinkommen, desto mehr fällt auf, dass man in dem sehr wichtigen Meeting eigentlich nur zugehört hat. Dass man auch viel Zeit in Recherchearbeit und gerade auch in Büros für die sozialen Kontakte verbringt.

Ich verstehe, dass man argumentieren kann, dass gerade „das Drumherum“ zum Arbeiten gehört. Aber wie viel „Drumherum“ will man sich eigentlich wirklich leisten, wenn vieles aus ablenkenden Elementen und Mikromanagement von den Vorgesetzten besteht? „Dieses Meeting hätte auch eine Mail sein können“, wurde seit 2020 dank virtueller Meetings noch einmal verstärkt.

Ich verstehe daher nicht, wieso so viele Leute am 40-Stunden-Modell festhalten wollen. Oder an den 5 Tagen, da manche Firmen ja auch 40 Stunden in 4 Tagen unterbringen. Hier wird „lange Anwesend sein“ mit Produktivität gleichgesetzt, und das ist definitiv ein Denkfehler.

Wenn eine Person glaubt, dass sie nur mit ausreichend Zeit ein Problem qualitativ zufriedenstellend lösen kann, oder eine Zeitangabe für eine Problemlösung macht, dann liegt sie einfach falsch (ich schaue hier ganz bewusst den Leuten in die Augen, die ihre Scrum-Sprint-Tickets nach Arbeitstagen schätzen).

Geordi La Forge is a master engineer, full of brilliance and supreme capabilities. However, when it comes to managing expectations, he has a lot to learn. Montgomery „Scotty“ Scott was aligning warp cores and performing miracles when Geordi’s great-grandfather was still in diapers. Over the course of his storied and legendary career, Scotty learned how to effectively manage expectations and give himself – and his staff – the wiggle room needed in case the „best case scenario“ was simply not going to happen.

The Scotty Principle

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Aspekt einer 4-Tage-Woche ist der positive Einfluss auf unsere Umwelt – vorausgesetzt, ihr arbeitet nicht ohnehin schon die meiste Zeit von zu Hause aus. Indem wir den Arbeitsweg für einen Tag pro Woche reduzieren, leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Verringerung des CO₂-Ausstoßes. Weniger Tage, an denen Millionen von Menschen zur Arbeit pendeln, bedeuten unweigerlich weniger Verkehr.

Darüber hinaus spielt die Gesundheit eine weitere wichtige Rolle. Die zusätzliche Freizeit ermöglicht es uns, uns intensiver mit persönlichen Interessen zu beschäftigen, Sport zu treiben oder einfach zu entspannen. Dies führt nicht nur zu einer gesteigerten Lebensqualität, sondern kann auch die Anzahl krankheitsbedingter Ausfälle verringern. Gesündere Menschen sind nicht nur glücklicher, sondern auch produktiver und engagierter bei der Arbeit.

Mit mehr Zeit, sich neuen Erfahrungen und Perspektiven zu öffnen, führt dies auch zu einem Zuwachs an kreativen Ideen und innovativen Lösungsansätzen, da der Kopf nicht ständig unter dem Druck steht, performen zu müssen. Der zusätzliche freie Tag erlaubt eine tiefere Reflexion und das Verfolgen persönlicher Projekte, was wiederum die Kreativität am Arbeitsplatz beflügelt. Ich betreibe zum Beispiel in meiner freien Zeit diesen Blog und norden.social und habe auch einfach mehr Zeit für den Haushalt.

Heute erscheint auch das neue Buch von Cal Newport. Natürlich habe ich es vorbestellt, da ich ein Fan bin, aber ich bin auch sehr interessiert an seinen Gedanken. Die Schlüsselaussagen sind ja: (1) Do Fewer Things; (2) Work at a Natural Pace; (3) Obsess Over Quality.

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5 Antworten zu „Die 4-Tage-Woche

  1. […] MentoringDie 4-Tage-WocheDie Suche nach Tiefgang in den digitalen Medien […]

  2. niklasbarning

    When a culture venerates, glorifies and obsesses over youth as the defining characteristic of genius, it can leave us feeling like failures as we inevitably…

  3. Carlo Zottmann

    @barning 100% ACK. Der Gedanke „Anwesenheit == produktiv“ ist so doof, der kann nur von Menschen ohne Selbstreflexion kommen. 😉

    Ich stand vor Jahren mal beim Kunden mit einem Espresso am Fenster, schaute raus, und dachte über ein Problem nach. Natürlich kam die Frage „Machst Du Pause?”, ich erwiderte “Nein, ich arbeite”. Der fragende Manager des Kunden entpuppte sich im Gespräch dann als einer von denen, die Produktivität mit der Anzahl der produzierten Code-Zeilen gleichsetze. Gleicher Unfug.

  4. Sterbeprozess

    @barning seinen wir ehrlich 40 stunden also 8 Stunden am Tag voll konzentriert sein ist eine mär das geht nicht, schon in Studium gelernt das man wenn man gut ist es auf 60% der 8 Stunden schafft das man konzentriert arbeitet .

    Wenn ich mich anschaue vor der Rente habe ich am Tag vielleicht 4 Stunden wirklich konzentriert gearbeitet die restlichen Stunden waren Gespräche über die Arbeit oder laufen um ne Idee zu bekommen wie man in der Verwaltung was durch bekommt was Juristen nicht verstehen.

  5. milofle

    @FreyaRant Ich kann Dir nur zustimmen, @niklasbarning

    Ich habe ausser in Ausbildung, als Zivi und einigen kleinen Jobs nie Vollzeit gearbeitet (meistens 25-30h). Das hatte für mich nur Vorteile, für meine Familie noch viel mehr.

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