niklasbarning

I believe people have a desire for ’self-hosting‘ which is difficult for them to articulate.

Terence Eden

Ich las diese Aussage und dachte mir, dass da etwas Wahres dran sein könnte. Menschen haben ein tiefes Bedürfnis nach Unabhängigkeit. Warum sollten sie nicht auch digital unabhängig sein wollen? Sei es ihr Benutzername, ihre Fotos oder ihr soziales Netzwerk. All das soll jederzeit funktionieren und verfügbar bleiben. Die wenigsten formulieren dieses Bedürfnis jedoch explizit als „Selfhosting“. Warum auch? Sie interessieren sich oft nicht für technische Details, möchten aber zum Beispiel ihre Kontakte behalten, wenn sie von Twitter zu anderen Diensten wie Bluesky wechseln. Ein schwieriges Unterfangen, wenn man keine echte Kontrolle über die eigenen Daten hat.

Wahrscheinlich ist die Plattform selbst gar nicht das Entscheidende. Vielleicht sind es vielmehr die Menschen, die sie nutzen. Inhalte und Beziehungen, die dort entstehen, sind oft an eine Plattform gebunden und lassen sich nicht einfach mitnehmen. Als Moderator von norden.social wird mir das regelmäßig bewusst, wenn sich neue Nutzer anmelden, um bestimmten bekannten Accounts zu folgen.

Wisst ihr, wer lange nicht auf den großen Plattformen aktiv war und trotzdem weiterhin seine (problematischen) Gedanken verbreiten konnte, und alle haben es gelesen? Es tut mir sehr leid, aber es ist Donald Trump auf seinem Truth Social. Er war auf Twitter und anderen Netzwerke geblockt und schrieb sein krudes Zeug einfach auf seiner eigenen Plattform. Das zeigt: Die Plattform selbst ist zweitrangig. Entscheidend ist, wer dort spricht. Wenn jemand für eine bestimmte Zielgruppe relevant ist, folgen ihm die Menschen ganz gleich, wo er sich äußert.

Doch selbst wer sich ein kleines digitales Refugium in Form eines eigenen Servers aufbaut, bleibt abhängig. Vom Internetanbieter, vom Hosting-Dienst, vom Strom. Absolute Unabhängigkeit ist eine Illusion. Aber darum geht es auch nicht. Es geht um Handlungsspielräume. Um eine Infrastruktur, die einem nicht jederzeit entzogen werden kann. Selbstbestimmung beginnt dort, wo Alternativen existieren.

Nach sechs Jahren Mastodon hat sich meine Perspektive verändert. Ich bin nicht mehr nur Nutzer, sondern auch Anbieter mit dem Team von norden.social. Es ist ein Teil meiner digitalen Identität geworden.

Ich habe sogar diesen Blog ans Fediverse angeschlossen, und siehe da: Die Interaktion nimmt zu. Mehr Kommentare, mehr Austausch, mehr Reichweite. Ich habe damit eine Tür geöffnet zu einer Welt, die vielleicht keine tausenden Likes bringt. Dafür basiert sie auf offener, vernetzter Infrastruktur.

Der einzige Knackpunkt für mich ist allerdings immer wieder die finanzielle Frage. Einige gehen da gerne in Vorleistung und stellen Infrastruktur auf eigene Kosten bereit. Das geht solange gut, bis die Rechnung irgendwann zu teuer wird und händeringend nach Geld gesucht wird.

Mit norden.social haben wir daher sehr zügig kommuniziert, dass wir gerne Spenden annehmen und sind damit sehr gut gefahren. Wir konnten sogar die Gründung des Vereins damit bezahlen.

Menschen definieren sich über die Geschichten, die sie über sich selbst erzählen. Diese Geschichten enthalten nicht nur ihre Werte, sondern auch ihre Werkzeuge: Welches Handy sie nutzen, welche Plattformen sie meiden, wo sie posten.

They have self-stories that they tell themselves and other people about who they are, why they do what they do, and why they believe what they believe.

Susan Weinschenk

Es ist meiner Meinung nach ein wenig wie mit dem Thema Ernährung. Wirst du auf ewig einfach das Essen, worauf du Lust hast und was dir einfach erscheint, oder willst du Verantwortung übernehmen und dich mit dem beschäftigen, was du deinem Körper zuführst?