Was ich während der Arbeit an mellanrum lernte.

Manche von euch haben mich auf den Hochschultagen im Jahr 2015 gesehen, wie ich meine VR-Arbeit ausstellte. Zu dieser Zeit war Virtual-Reality zwar schon in aller Munde, an der Hochschule für Künste arbeiteten wir aber schon seit 2013 mit der ersten Oculus Rift. Viel Interessanter war, wie ich als 2D-Designer in die 3D-Welt abtauchte und was ich dabei lernte.

Das Dokumentationvideo zu mellanrum

Mein Ziel war es sich mit dem Thema Ruhe und Neugier zu befassen. Oft sieht man Welten für die Oculus Rift mit Action Elementen verknüpft und wollte daher ganz bewusst eine andere Richtung einschlagen.

Die Struktur war mir relativ schnell klar. Der Besucher soll von einer Zwischenwelt, wo eine kurze Einweisung stattfindet, in einen Wald geführt werden. Dort schlägt nach einiger Zeit die Stimmung von Entspannung zu Stress um und der Besucher wird in die Zwischenwelt zurückgeholt.

Auf was ich hier nicht eingehe, ist die grundlegende Vorbereitung. Bevor angefangen wird irgendein Programm zu öffnen, sollte eine gründliche Ideen- Brainstorming- und Skizzenphase vorhergegangen sein.
Wie so eine Phase aussehen kann, sieht man in meinem vorherigen Post über die Entstehung eines meiner Spiele.

Unity ist ein ziemlich gutes Tool um interaktive Ideen in einem Appkontext mit extrem vielen Interaktionsmöglichkeiten zusammenzuwerfen.
Man darf natürlich nie vergessen, dass ein schneller Prototyp warscheinlich nicht den Qualitätsstandart eines fertige Produktes erreicht. Es reicht aber aus um im Kontext einer Ausstellung oder eines Usability Tests zu bestehen.

Ich tat, was warscheinlich alle Designer in Unity tun wenn sie einen Prototypen zusammenbauen wollen. Ich öffnete den Asset Store, lud mir ein paar Objekte, wie Bäume und einen Wal, runter und fing an mein Storyboard umzusetzen.

Der erste Fehler, ist eigentlich ein sehr offensichtlicher gewesen. Wer mit dem Prinzip des Uncanny Valley vertraut ist, denkt sich sicherlich „ich weiß Bescheid, mir passiert das nicht“. Weit gefehlt, denn das Uncanny Valley kann nicht nur auf menschenähnliche Wesen angewendet werden, sondern scheinbar auch auf die Natur.

Grassimulation in Unity

Das obrige Video zeigt das typische Verhalten von Gras in Unity. Es scheint seit ein paar Monaten nicht gemäht worden zu sein und wird von einer unsichtbaren Windmaschine angeweht. Tritt eine Figur drauf, richtet es sich danach langsam wieder auf als wäre es an Fäden aufgehangen.

Witzigerweise haben wir eine bestimmte Erwartungshaltung gegenüber der Natur. Wir sind in unserer gewohnten Umgebung aufgewachsen und sind schnell Irritiert, wenn sich etwas ändert. Ein riesiger Vogelschwarm, wie in dem alten Youtube Video Murmuration, kann daher für manche Menschen als gruselig oder besonders schön wahrgenommen werden.

Vogelschwarm über See – Murmuration

Ich mixte zu viele Naturfarben in meine Welt, baute sogar mithilfe des Tree Builder von Unity eigene Bäume und lies das Gras im Wind schwingen. Allerdings wurde mir durch Feedback schnell klar, dass ich in der kurzen Zeit eines Semesters keinen überzeugenden Wald erzeugen konnte.

Statt weiter dem Realismus hinterherzujagen, beschloss ich ein paar Schritte zurückzumachen. Welcher Stil verkörpert die Einfachheit von Objekten, lässt aber dennoch klar erkennen, um was es sich handelt? Natürlich Low poly.

Developmet Build vom LowPoly-Wald
Developmet Build vom LowPoly-Wald

Mit diesem Stil war es nicht nur ziemlich einfach Objekte für den Wald zu modellieren, die Welt bekam einen eigenen Charakter. Hier wird ganz klar eine nicht realistische Welt gezeigt, die sich dennoch organisch verhält.
Nebenbei entwickelte sich ein weiteres Element, welches ich so nicht geplant hatte.

Ich wollte ein Gefühl von Größe in der Simulation vermitteln. Man selbst sollte sich klein neben dem Objekt fühlen aber keine Angst haben. Ich begann, einen Wal zu modellieren und zu animieren. In der Simulation schwimmt das Tier ganz nah an dem Besucher vorbei.

Skizzen und Umsetzung des Wals
Skizzen und Umsetzung des Wals

Jeder Besucher reagierte ziemlich beeindruckt, obwohl der Wal auf dem Bildschirm keine besonders große Erscheinung macht. Erst mit der Oculus Rift entfaltet sich die gesamte Wirkung.

Die Präsentation auf den Hochschultagen war ein voller Erfolg. Durch die relativ bunte Low Poly Optik erschloss ich mir allerdings unbewusste eine andere Zielgruppe, die noch nie das Zentrum meiner Arbeit war: Kinder.

Die Kinder, die sich auf der Veranstaltung herumtrieben, hatten keine Angst sich eine Brille aufzusetzen. Sie bekamen keine Seekrankheit, eine typische Sache bei älteren VR-Brillen und bewegten sich ziemlich viel auf ihrem Stuhl. Schauten sich um und waren begeistert. Erwachsene hingegen sind relativ schwierig aus der Reserve zu locken. Sie sind von normalen Bildschirmen gewohnt, dass sie einfach nur in eine Richtung schauen müssen und bewegen sich kaum. Wer tiefer in die Thematik der Nutzerführung in VR tauchen möchte, dem lege ich die Designprinzipien von Google ans Herz.

Mellanrum 1.5

Ein Jahr später veröffentlichte ich eine neue Version des Projekts und stellte es auf Youtube in der damals höchsten Auflösung zur Verfügung. Ich bin zufrieden mit dem Projekt, da ich neue Möglichkeiten der Interaktion erforschen konnte.

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